Gemeinde Salzfurtkapelle

Förderverein Salzfurtkapelle e.V.

Geschichte von historischen Gebäude in Salzfurtkapelle


Vetter Omnibusbetrieb

 

Aufschwung erhält der Ort Salzfurtkapelle, als der Omnibusbetrieb W. Vetter 1950 seinen Betriebssitz nach Salzfurtkapelle verlegt und das Unternehmen einen Verkehrshof für den regionalen Berufsverkehr aufbaut. Die 1946 in Raguhn gegründete Firma erweitert in Salzfurtkapelle die Garagen und baut die Werkstätten aus. Ab 1953 übernimmt der Betrieb Leistungen im Schüler -und öffentlichen Linienverkehr des Kreises Bitterfeld. 1958 wird die Entwicklung des Betriebes unterbrochen. Zu diesem Zeitpunkt sind 14 Arbeitnehmer beschäftigt, 8 Omnibusse und 2 Anhänger sind unterwegs. Der DDR-Staat wirft dem Betriebsinhaber ungerechtfertigte Wirtschaftsverbrechen vor und sperrt ihn zwei Jahre ins Gefängnis. Sämtliches Personal und alle Fahrzeuge werden dem VEB Kraftverkehr Bitterfeld eingegliedert. Auf diese Art wurden in dieser Zeit eine Vielzahl von privatbetrieben, die nicht in das Konzept des Systems passten, liquidiert. 1960 erhält Wolfgang Vetter unter bestimmten Bedingungen seinen Betrieb zurück und beginnt den Wiederaufbau. 1961 wagte er mit einigen Fahrzeugen den Neuanfang (8 Busse und 20 Leute) 1965 veranlasst der Staat Privatbetriebe, eine staatliche Beteiligung aufzunehmen, mit dem Ziel, die staatliche Einflussnahme zu verbessern. Der Omnibusbetrieb wird eine Kommanditgesellschaft und nennt sich nun Vetter KG Omnibus -und Mietwagenbetrieb Salzfurtkapelle. Bis 1970 erwirbt der Betrieb die ersten fabrikneuen Fahrzeuge vom Typ Skoda und zwei Reisebusse aus der Produktion der Karosseriefabrik Leipzig. Insgesamt sind 15 Busse unterwegs. Im Jahr 1972 wird der Betrieb endgültig enteignet. Die Zwangsverstaatlichung traf alle Unternehmen mit mehr als 9 Beschäftigten. Ab Mai 1972 heißt das Unternehmen VEB Omnibus- und Mietwagenbetrieb. W. Vetter bleibt als Direktor auf der Chefstelle. Doch Gewerkschaft und Belegschaft setzen sich für den Erhalt des Betriebes ein und so besteht er neben dem VEB Kombinat Kraftverkehr Halle weiter. In dieser Zeit wird der Verkehrshof erweitert, denn ab 1977 ist man zuständig für den Stadtverkehr Wolfen und den Berufsverkehr für alle Großwerke. Herbst 1989: Mit 250 Leuten, 101 Ikarus-Bussen und 12 Wolga-Taxen erlebte der Betrieb die politische Wende. Eigentlich wollte sich Wolfgang Vetter mit Beginn der 90er Jahre auf seinen Ruhestand vorbereiten, aber nun kam die Chance, sich seinen Lebenstraum von der Selbstständigkeit doch noch zu verwirklichen. Am 1. Mai 1990 nimmt Wolfgang Vetter seinen Betrieb in Privateigentum zurück und beginnt mit der Umgestaltung des Betriebes, jetzt Omnibus- und Mietwagenbetrieb. Ganz entscheidend sei aber gewesen, dass sich Sohn Wolfdietrich Vetter und Schwiegertochter Birgit Vetter bereit erklärten, an der wiedergewonnenen unternehmerischen Freiheit mitzuarbeiten. Eine Omnibushalle und mehrere neue Gebäude (Waschanlage, Lackierwerkstatt) entstanden. Am 1. Juli 1990 wurde die Reiseverkehrsgesellschaft mbH Vetter-Touristik aus der Taufe gehoben. …. Wurde auf Verkehrsteilnehmer in öffentlich-privater Partnerschaft. Dazu zählen die Regionalvertreter Bitterfeld-Wolfen, der Regionalverkehr Köthen und V-Bus im polnischen Zory. Vom ersten Tag des Jahres 2007 erbringt die Vetter GmbH mit Omnibuspartnern vor Ort Leistungen im ÖPNV im Landkreis Wittenberg.

Nun entwickelt man neue Verkehrskonzepte, bahnbrechend in Deutschland und angepasst an die neuen Entwicklungen in der Mobilität der Menschen: Ruf mich, dann komm ich! Daraus wird ein modernes Anrufbussystem. 1997 erhält die Vetter GmbH die Auszeichnung Ein Oskar für den Mittelstand. Weitere Verkehrsgesellschaften vergrößern den betrieb 2000: die Verkehrsgesellschaft Magdeburg Umland mbH, der Saalebus für Stadtverkehrsleistungen im Stadtgebiet von Halle. Das Unternehmen kann darauf bauen, langfristig in Familienbesitz zu bleiben. Thomas Vetter steigt 2004 in die geschäfts- und Betriebsleitung ein und 2007 auch Kristin Vetter. 2006 blickt das Unternehmen auf seine 60jährige Geschichte zurück und Unternehmensgründer Wolfgang Vetter wird anlässlich seines 80. Geburtstages mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Grades ausgezeichnet. Das Unternehmen expandiert derweil weiter, sogar auf dem Wasser. Das Motorschiff Vineta sticht auf der Goitsche in Bitterfeld erstmals für die Vetter-Touristik in See. Mit der Möglichkeit, sich europaweit an Ausschreibungen beteiligen zu können, erweitert man die Gebiete, in denen ÖPNV angeboten werden kann: Zerbst/Anhalt, Nordsachsen, Landkreis Prignitz, Landkreis Märkisch-Oderland. Ab 2008 wird für 5 Jahre in der Dübener Heide eine Eisenbahnlinie, die Elbe-Heidebahn, betrieben. Dass Kontinuität in der Entwicklung eines marktfähigen Unternehmens Markenzeichen des Unternehmens ist, zeigen viele Jubiläen der folgenden Jahre: 65 Jahre Vetter GmbH und 5 Jahre MS Vineta (2011)[1], 10 Jahre im ÖPNV tätig (2015), 25. Tag der offenen Tür (2017) und 55 Jahre Stadtverkehr Wolfen (2018). Alte Linien leben für einen Tag wieder auf. Am 9.9.2018 kann man mit einem alten IKARUS 260 die damaligen Stadtlinien wieder befahren. Wolfgang Vetter stirbt 2020 kurz bevor er hätte sagen können: „Nun sind es schon 75 Jahre – Leben mit dem Bus.“ [2]

 

[1] Siehe bis dahin: Vetter GmbH Salzfurtkapelle (Hrsg.): Leben mit dem Bus. 65 Jahre Vetter Busunternehmen, 2011

[2] Leben mit dem Bus – 75 Jahre Vetter Verkehrsbetriebe, 2021